Bürgerinitiative Pro Tempo 50 – Gegen Tempo 30

Bürgerinitiative pro Tempo 50 (und gegen Tempo 30)

Tübingen

Tempo 30 erregte auch in Tübingen die Gemüter. Hier gibt es bereits eine aktive Gruppe auf Facebook, an die man sich wenden kann.

Tempo 30 in Tübingen war auch schon mal Thema bei der Comedystube und wurde dort sehr humorvoll behandelt. Gegner wie Befürworter bekommen ihr Fett weg, das Video ist sehr lustig. Mir gefällt besonders folgender Satz (sinngemäß wiedergegeben):

Tempo 30 ist ein echtes Problem. Fahre ich ein bißchen schneller, werde ich geblitzt. Fahre ich ein bißchen langsamer, bekomme ich ein Ticket wegen Falschparkens.

Das bringt sie Sache auf humorvolle Weise auf den Punkt.

Wie dem auch sei, für einen Erfahrungs- und Gedankenaustausch stehen wir logischerweise auch den Tübinger Kollegen zur Verfügung (info@gegen-tempo-30.de), ebenso wie allen anderen von unsinnigem Tempo 30 auf Durchgangsstraßen Betroffenen.

Tempo 30 passé

Der gute Herr Palmer, Tübingens OB, weiß anscheinend immer erst alles besser und muss sich dann von der Realität belehren lassen, dass die Argumente der Kritiker eben doch auch stichhaltig sind. So auch zuletzt beim Thema Flüchtlinge, wo aus einem “Wir schaffen das!” plötzlich ein “Es tut mir leid[,]  das schaffen wir nicht.” wurde [1, 2, 3, 4].

So wurde zunächst Tempo 30 auf vielen Strecken in Tübingen eingeführt, weil es angeblich der Luftreinhaltung diene. Das in Auftrag gegebene Gutachten belegte zwar bei T30 vs. T50 nur minimale Reduktionen von Schadstoffen [5], sodass eine derart gravierende Maßnahme schon gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt. Aber war Tempo 30 die beste Wahl? Nein. Lesen Sie die Pressemitteilung der Stadt Tübingen vom 7.10.2014 [7]:

Die zweite Fortschreibung des Luftreinhalteplans durch das Regierungspräsidium Tübingen macht es möglich: Ab sofort darf rund um den alten Botanischen Garten 40 Kilometer pro Stunde gefahren werden. Ausgenommen ist lediglich die Wilhelmstraße, auf der weiterhin Tempo 30 vorgeschrieben ist.

„Tempo 40 wird von vielen Autofahrenden begrüßt“, so Baubürgermeister Cord Soehlke. Er setzt dabei auf Kooperation und Rücksicht: „Nur wenn auch wirklich 40 gefahren wird, ist diese Maßnahme im Sinne des Umweltschutzes vertretbar.“ Soehlke montierte am Dienstag, 7. Oktober, gemeinsam mit dem Leiter der Abteilung Umwelt des Regierungspräsidiums, Dietmar Enkel, eines der Schilder für das neue Tempolimit. Insgesamt 34 Schilder weisen die Autofahrer auf die neue Regelung hin. Eine Anzeigetafel in der Westbahnhofstraße hilft den Verkehrsteilnehmenden, sich auf Tempo 40 einzustellen.

„Für uns ist die Erweiterung der Umweltzone zum 1. Januar 2015 auf das gesamte Tübinger Gebiet die wichtigste neue Maßnahme des Luftreinhalteplans“, so Dietmar Enkel, Leiter der Abteilung Umwelt im Tübinger Regierungspräsidium. „Der neue Plan ist aber auch die Grundlage für Tempo 40 auf dem Innenstadtring. Wie die jetzt vorliegenden Erkenntnisse zeigen, ist Tempo 40 für die Luft dort mindestens gleich gut wie Tempo 30. Deshalb ist 40 auch für uns eine gute Lösung – wir konnten dem Wunsch der Stadt Tübingen ohne Probleme nachkommen.“

Ein Gutachten im Auftrag des Regierungspräsidiums hatte ergeben, dass bei Tempo 40 entlang dieser Strecke mit einer etwas geringeren Belastung durch Feinstaub und Stickoxiden zu rechnen ist als bei Tempo 30. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die 40 Stundenkilometer auch tatsächlich eingehalten werden. Dafür sorgen ab sofort zwei stationäre Blitzer am Stadtgraben und der Kreuzung Silcherstraße/Hölderlinstraße.

In Tübingen werden in der Mühlstraße und in Unterjesingen Feinstaub und Stickoxide gemessen. An beiden Stellen werden seit vielen Jahren die zulässigen Grenzwerte überschritten. Deshalb hat das Regierungspräsidium 2005 den ersten Luftreinhalteplan für Tübingen erstellt. Die erste Fortschreibung erfolgte 2012. Zu den vorgeschriebenen Maßnahmen gehörte unter anderem Tempo 30 für den Innenstadtring. Die Regelung trat im Februar 2013 in Kraft. Da die Belastung mit Feinstaub und Stickoxiden weiterhin die Grenzwerte übersteigt, hat das Regierungspräsidium den Luftreinhalteplan 2014 zum zweiten Mal fortgeschrieben. Wichtigste Maßnahme in der jüngsten Fortschreibung ist die Vergrößerung der Umweltzone auf das gesamte Gemeindegebiet mit allen Teilorten sowie die Einbeziehung der Bundesstraßen in die Umweltzone. Sie soll bis Anfang Januar 2015 greifen. Mit dem neuen Luftreinhalteplan sind weiter die Grundlagen für die neue Tempo-40-Regelung geschaffen, welche die Stadt jetzt bereits umgesetzt hat.

Hier sieht man wieder schön, wie eigenes Versagen kaschiert werden soll: Man sagt “ist Tempo 40 für die Luft dort mindestens gleich gut wie Tempo 30” obwohl das Gutachten zeigt, “dass bei Tempo 40 entlang dieser Strecke mit einer etwas geringeren Belastung durch Feinstaub und Stickoxiden zu rechnen ist als bei Tempo 30“. Bei dieser Formuliereung hätte man früher dann auch sagen müssen “dass bei Tempo 30 die Luft etwa gleich gut ist, wie bei Tempo 50″, denn auch da handelte es sich nur um minimale Verbesserungen.

Und die Betonungen  „Nur wenn auch wirklich 40 gefahren wird, ist diese Maßnahme im Sinne des Umweltschutzes vertretbar.“ und ” Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die 40 Stundenkilometer auch tatsächlich eingehalten werden.”! Nein, ehrlich? Das gleiche gilt doch für jedes x-beliebige Tempo. Auch bei Tempo 30 waren die lächerlich geringen theoretischen Senkungen der Emissionen nur dann möglich, wenn auch tatsächlich Tempo 30 gefahren wird. In der Praxis hapert es aber damit, da wird real nicht viel erreicht…

Aber schön, dass man in Tübingen einen Weg gefunden hat, das den Verkehr behindernde Tempo 30 wieder ohne allzu großen Gesichtsverlust aus der Welt zu schaffen und zu flüssigerem, schnelleren Verkehr zurück gefunden zu haben.

Quellen:

[1] „Es tut mir leid, wir schaffen das nicht“: Tübingens OB spricht klare Worte, Focus Online, 21.10.2015

[2] “Wir schaffen das nicht” – Ein AZ Pro & Kontra, Abendzeitung München (Onlineversion), 21.10.2015

[3] “Wir schaffen das nicht” – Palmer reizt seine Grünen, Die Welt, 21.10.2015

[4] Flüchtlingspolitik: Grüner Palmer auf Linie – mit der CSU, Der SPIEGEL, 21.10.2015

[5]  Bestimmung der emissionsseitigen Auswirkungen von Tempo 30 auf einem Straßenabschnitt im Innenstadtbereich von Tübingen im Rahmen der Fortschreibung der Luftreinhaltepläne des Regierungspräsidiums Tübingen – Teilplan Tübingen, 28.11.2011

[6] Vergleich der emissionsseitigen Auswirkungen von Tempo 40 und Tempo 30 auf einem Straßenabschnitt im Innenstadtbereich von Tübingen im Rahmen der Fortschreibung der Luftreinhaltepläne des Regierungspräsidiums Tübingen – Teilplan Tübingen – Endversion, 16.05.2013

[7] Pressemitteilung der Stadt Tübingen:  Ab sofort: Tempo 40 rund um den alten Botanischen Garten