Bürgerinitiative Pro Tempo 50 – Gegen Tempo 30

Bürgerinitiative pro Tempo 50 (und gegen Tempo 30)

Analyse der Petition der SPD

Am 29.05.2015 hat die SPD auf der Bürgerversammlung ihre ebenfalls hierauf datierte Petition vorgestellt. Der Inhalt der Petition ist öffentlich verfügbar und kann hier auf den Seiten der SPD heruntergeladen werden.

Bei genauerer Analyse muss ich feststellen, dass die Behauptungen der Petitionsunterzeichner (Petenten) und Tempo-50-Gegner auch nicht auf Fakten, sondern subjektiven Empfindungen und reiner persönlicher Meinung bestehen. So schreiben die Petenten:

Vor allem die Unterkirchberger/Hauptstraße und die Sporer-/Ulmer Straße haben einen unübersichtlichen Straßenverlauf. Für die Anwohner bedeutet das hohe Verkehrsaufkommen eine Belastung, die durch verringerte Geschwindigkeiten reduziert werden kann, auch die Querung für Fussgänger ist bei Tempo 30 leichter.

Dass  ein unübersichtlicher Straßenverlauf vorläge, trifft objektiv nicht zu, jedenfalls nicht für eine Regelgeschwindigkeit von 50 km/h. Wer dort mit 50 km/h fährt, hat stets einen ausreichend großen Sichtbereich, um Gefahren und Hindernisse rechtzeitig erkennen zu können. Zu dieser Bewertung kam ja auch das Regierungspräsidium (RP) Tübingen, das sich vor Ort ein Bild machte. Die Polizeistatistik belegt ebenfalls, dass es dort keinen Gefahrenbereich gibt. Die von den Petenten aufgestellte Behauptung ist damit schlicht falsch, jedenfalls aus objektiver Sicht.

Für die Anwohner einer Straße ist jedes vorbeifahrende KFZ eine Belastung, das stimmt immer und überall, nicht nur in Wiblingen. Es geht aber darum, ob es sich um eine zumutbare Belastung handelt, oder nicht. Allgemeiner Konsenz und Kompromiss aus Verkehrsoptimierung, Lärm- und Schadstoffemissionen, sowie Verkehrssicherheit ist, dass innerorts im Regelfall 50 km/h schnell gefahren werden darf. Ausnahmen gibt es nur bei besonders zu würdigenden Umständen, wie auch die Südwestpresse ein paar davon beispielhaft aufzählt:

Beispielsweise durch eine Häufung von Unfällen, unübersichtlichen Straßenverlauf oder viele querende Fußgänger in einem Bereich.

Doch:

  • Eine Häufung von Unfällen liegt nicht vor, das ist durch die von der Polizei geführte Unfallstatistik bewiesen.
  • Ein unübersichtlicher Straßenverlauf liegt nicht vor, das kann jeder selbst nachprüfen. Und wenn es so wäre, dann wäre damit schon seit jeher dort Tempo 30 angeordnet gewesen. Außer dem Aufpinseln eines „Schutzstreifens“ für Radfahrer hat sich in den letzten Monaten dort baulich aber nichts geändert, damit fällt dies als Grund heraus.
  • Ein Problem für querende Fußgänger gibt es dort auch nicht, denn es gibt für sie entsprechende Hilfsmittel. An der Ortseinfahrt von Illerkirchberg kommend bspw. eine Verkehrsinsel beim Friedhof, vielleicht 200 m später eine Fußgängerampel, wieder ca. 300 m weiter beim Hotel Löwen eine weitere Fußgängerampel, dann 100 m weiter den Kreisverkehr am Pranger mit Verkehrsinseln und Fußgängerüberweg („Zebrastreifen“), weitere 200 m wieder eine Fußgängerampel kurz nach der Kurve, und dann vielleicht 300 m weiter wieder eine Fußgängerampel. Für Fußgänger gibt es – ebenfalls objektiv vom RP Tübingen festgestellt – außerdem ausreichend breite Fußgängerwege („Bürgersteig“). Warum die Querung für einen Fußgänger, der Ampeln nutzen kann, bei 30 km/h leichter sein soll, als bei 50 km/h, das versteht wohl nur der Autor der Petition. In beiden Fällen steht der Verkehr, weil besagte Ampel dann rot ist. Am Fußgängerüberweg steht der Verkehr ebenfalls, wenn Fußgänger queren. Bleibt nur die eine Insel beim Friedhof, wo man dann zum Queren von einer Spur vielleicht 1 s mehr Zeit hätte, als bei Tempo 50. Damit kann man doch nicht ernsthaft argumentieren wollen?
  • Andere, Tempo 30 rechtfertigende Gründe, kommen ebenfalls nicht in Betracht. So gibt es weder ein Krankenhaus, noch ein Altenheim entlang der Strecke, wo mit 50 gefahren würde. Lediglich am Pranger selbst existiert jüngst eines, allerdings ist dort dank Kreisverkehr sowieso niemand mit 50 km/h durchgefahren. Eine Schule oder Kindergarten liegen ebenfalls nicht direkt an der Straße.

Nun zur Behauptung, dass

die [Lärm-]Belastung durch verringerte Geschwindigkeiten reduziert werden kann.

Dazu sehe man sich einfach mal diverse wissenschaftliche Arbeiten an, die unisono zum Ergebnis kommen, dass Tempo-30-Beschränkungen ohne bauliche Begleitmaßnahmen wie Fahrbahnverengung die effektive Geschwindigkeit nur um 8 bis 10 km/h senken (also danach im Mittel statt mit 50 km/h mit 40-42 km/h gefahren wird) [1]:

Die […] Tempo 30-Signalisierung […] führte zu nachweisbaren Reduktionen der mittleren Reisegeschwindigkeiten bis 8 km/h.

Und was die Lärmbelastung angeht, zitiere ich [2]:

In Untersuchungen haben die Anwohner keine deutlich hörbaren Veränderungen wahrgenommen.

oder auch [3]:

Das Tempolimit führte [im Rahmen einer Untersuchung der EU unter Namen „HEAVEN“] zu einer Lärmminderung um 2.0 dB(A) tags und 1.2 dB(A) nachts. Ein ähnliches Resultat erbrachte auch das Projekt „iq Mobility“. Dabei wurde bei einer auf Tempo 30 eingerichteten „Grünen Welle“ [!] im Vergleich zu 50 km/h nachts eine Lärmreduzierung um 2 dB(A) ermittelt, tags war der Rückgang noch geringer. Da das menschliche Gehör nur eine Lärmänderung von 3 dB(A) wahrnehmen kann (so auch der aktuelle Stand der Rechtssprechung), trägt ein Tempolimit nicht nennenswert zur Verbesserung der Lärmsituation bei.

Autsch. Auch hier schlagen die Fakten die Behauptungen und Meinungen der Tempo-50-Gegner.

Und weiter geht es in der Petition mit fragwürdigen Behauptungen:

Die Einrichtung der Tempo-30-Regelung wurde lang öffentlich diskutiert, unter Beteiligung der Bürgerschaft wie auch aller Institutionen.Watch Full Movie Streaming Online and Download

Wahr ist, dass Bürger beteiligt wurden. In der Form der Darstellung, ist dieser Satz aber (bewusst oder unbewusst) mißverständlich formuliert, so dass man versteht, es sei hierbei auch die Position der Tempo-50-Befürworter ausgewogen berücksichtigt worden und diese wären ausreichend beteiligt gewesen. Das sehe ich nicht so, vor allem, weil Tempo-50-Befürworter meist eben nicht Bürger der Stadt Ulm, sondern Pendler aus benachbarten Gemeinden sind, die damit gar nicht in den Beteiligungsprozess eingebunden wurden. Hier dürfte eher eine Überrepräsentation der Tempo-50-Gegner vorliegen, denn die Anwohner, die ein Interesse an Tempo 30 haben, dürften den vielen Pendlern, die dort täglich durchfahren müssen und ein Interesse an Tempo 50 haben, weit, weit unterlegen sein.

Sachlich richtig, aber bei näherer Betrachtung sich ganz anders darstellend, ist folgendes:

Ebenso wie in anderen Ulmer Stadtteilen mit ähnlicher Problematik konnte nun die ausführlich vorbereitete Entscheidung der Stadt durch den Widerspruch Einzelner aufgehoben werden.

Es stimmt, dass „einzelne“ mit ihrem Widerspruch den Tempo-30-Unfug aufheben konnten. Diese „Einzelnen“ sind immerhin 69 Leute, wie uns die SWP hier mitteilt.

Nun überlegen wir mal, wie viel frustrierter Kraftfahrer es bedarf, damit 69 Widersprüche zusammen kommen. Von allen Kraftfahrern, die sich an Tempo 30 stören, weiß nur ein Bruchteil, wie man dagegen vorgeht (Widerspruchsverfahren beim zuständigen Regierungspräsidium) und von denen hat wiederum nur ein Bruchteil die Zeit und Bereitschaft, einen entsprechenden Widerspruch zu formulieren. Selbst von denen, die das hätten, nehmen nur wenige diese Möglichkeit wahr, denn das Widerspruchsverfahren ist mit finanziellem Risiko verbunden. Verliert man, hat man die Kosten des Verfahrens zu tragen. Damit scheidet jeder Geringverdiener aus.

Nehmen wir ein Beispiel, das ich für realistisch halte, jedoch weiß naturgemäß niemand die realen, konkreten Zahlen. Lassen wir täglich 10.000 Pendler durch Wiblingen fahren, dann wissen davon vielleicht 5%, dass man gegen Verkehrszeichen per Widerspruchsverfahren vorgehen kann. Sind 500 Leute. Davon bequemt sich 1%, ein Widerspuchsverfahren anzustrengen. Sind 5 Leute. Und, oh Wunder, wir sind im realistischen Bereich, denn tatsächlich gab es in dieser Größenordnung eingereichte Widersprüche, von denen (mindestens) einer mit einer Unterschriftenliste garniert war, wodurch erst besagte 69 Menschen zusammen kamen. Das Beispiel könnte die Realität also sehr gut treffen, und nun stehen real die Interessen von 10.000 Tempo-50-Befürwortern ein paar hundert Tempo-50-Gegnern gegenüber!

Mythos Umweltschutz

In den nachfolgenden Diskussionen durch Leser der SWP (sowohl als Leserbriefe in der Druckausgabe, als auch in den Kommentaren der Online-Ausgabe), wurde nun natürlich auch die übliche unbewiesene Behauptung von mehr Umweltschutz durch Tempo 30 bemüht.

Das kann richtig sein, wenn man eine lange Strecke mit homogen fließendem Verkehr betrachtet, ist aber nicht für jede Situation pauschal richtig, und schon gar nicht auf einer Strecke mit inhomogenem Verkehrsfluss, wie in Wiblingen.

Sehen wir uns dazu Quellen [3] und [4] an. Ein Vergleich zeigt, dass allgemein betrachtet, die Emissionen von Stickoxiden, Partikeln und Kohlendioxid (Maß für den Kraftstoffverbrauch) bei Tempo 30 höher sind, als bei Tempo 50 (siehe Folien aus [4] aus dort zitierter Quelle „Handbuch für Emissionsfaktoren / UBA“). Aber seien wir fair, es sind keine großen Unterschiede und es geht auch geringfügig anders herum (HEAVEN, iq Mobility), wo leichte, aber nicht nennenswerte Reduktionen im Bereich von 2-3 % beobachtet wurden. Zum Vergleich: eine Homogenisierung des Verkehrsflusses (also genau das Gegenteil einer Verkehrsberuhigung) führte zu Reduktionen im Bereich von 10-17 %!

In [4] wird auch auf eine Studie der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz (LUBW) verwiesen, in der es heißt [5]:

[Bei Messfahrten mit 50 km/h, 40 km/h und 30 km/h] führte 30 km/h zu Verschlechterungen der Emissions- und Kraftstoffverbrauchssituation.
Und in [6] heisst es:
Auf weitgehend ebener Strecke und bisher schon gutem Verkehrsfluss (hoher Konstantfahrtanteil) bewirkt ein Tempolimit tendenziell höhere Stickstoffoxid-Emissionen im Vergleich zu Tempo 50. So führten Testfahrten mit Tempo 30 und 40 unter realen Verkehrsbedingungen auf ebenen Hauptverkehrsstraßen in Stuttgart nicht zu einer Minderung der motorbedingten Emissionen im Vergleich zu Tempo 50.
Gerade für Wiblingen dürfte dasselbe gelten, denn nun muss man aus Illerkirchberg kommend erst von 100 km/h auf 70 km/h (wie bisher) bremsen, dann aber gleich am Ortseingang fast abrupt von 70 km/h auf 30 km/h, statt wie bisher auf 50 km/h. Hier konnte man, wenn man vorausschauend fuhr, bisher durch bloßes Ausrollen (beginnend vor dem 70er-Schild) rechtzeitig auf 50 km/h kommen, verschenkte also keine Bewegungsenergie. Nun muss man bremsen, es sei denn, man lässt nun weit vor dem Ortseingang schon Ausrollen, was in der Praxis dem nachfolgenden Verkehr nicht vermittelbar ist.

Mythos Sicherheit

An sich ist das Thema Sicherheit ja oben schon abgehakt, da offiziell festgestellt wurde, dass es dort kein Problem gibt. Da die Kommentatoren und Leserbriefschreiber aber meist nicht mit Fakten, sondern Meinungen und unbewiesenen Behauptungen argumentierten, durfte natürlich trotzdem eine herbei behauptete Erhöhung der Sicherheit für Fußgänger und insbesondere Radfahrer nicht fehlen.

So behauptete Frau Sybille Müller in ihrem Leserbrief in der SWP vom 28.5.15

…dort ist es gefährlich und es wird gerast…

Fakt ist: Dort ist es nicht gefährlich und es wird nicht gerast, denn das wurde, wie sie sogar eigentlich selbst in ihrem Leserbrief schreibt, „festgestellt, dass keine besondere Gefahrenlage besteht“.

Ihr Verweis auf „Schulwege, eine Kirche mit einem Kindergarten, etc.“ und „ob das denn nicht bemerkt wurde“ ist auch haltlos, denn das wurde selbstverständlich bemerkt. Man fragt sich aber, ob Frau Müller ihrerseits bemerkte, dass es dort ausreichend breite Gehwege, Zebrastreifen und Fußgängerinseln, -überwege und -ampeln gibt.

Die von Frau Müller und anderen behaupteten Raser, die sich nicht mal an Tempo 50 halten, habe ich persönlich, obwohl fast täglich dort anwesend, noch nicht beobachtet. Da auch die Polizei bzw. Ordnungsamt Ulm dort keinen Bedarf für vermehrte Geschwindigkeitskontrollen sieht, darf man davon ausgehen, dass sich dort das „Rasen“ sehr in Grenzen hält.

In einem weiteren Beitrag der SWP, durfte dann der ADFC e.V. auch noch seine Meinung und unbewiesene Behauptungen von sich geben:

Auch der ADFC plädiert für Tempo 30.  Die Geschwindigkeitsbegrenzung ermögliche allen Verkehrsteilnehmern, sich „entspannt und relativ gefahrlos“ durch Wiblingen zu bewegen, erklärt Christof Hofmann vom Kreisverband Ulm/Alb-Donau.

Dass sich dann alle  Verkehrsteilnehmer entspannt durch Wiblingen bewegen ist falsch, es ist nur die einseitige Sicht der Tempo-50-Gegner und zudem nirgends belegt. Die meisten Pendler dürften von Tempo 30 und unnötigem Zeitverlust eher genervt sein, wie die teils heftigen Reaktionen in den Kommentaren bei der SWP zeigen. Und „relativ gefahrlos“ geht es auch bei Tempo 50 – das belegt die Polizeistatistik, auf deren Grundlage das RP Tübingen entschied. Komisch, dass alle Gegner von Tempo 50 die harten Fakten einfach ignorieren und nur an einer Meinung festhalten.

Die SWP zitiert den ADFC wie folgt weiter:

Das Regierungspräsidium hingegen missachte die Gefahrenlage für Radfahrer: „In der Hauptstraße ist der Schutzstreifen an vielen Stellen durch Parkplätze unterbrochen und Radfahrer sind gezwungen, auf die Hauptfahrbahn einzuschwenken, um sich in den motorisierten Verkehr einzureihen. Das ist bereits bei Tempo 30 während des Berufsverkehrs eine Herausforderung, aber bei Tempo 50 äußerst riskant.

Dass das RP Tübingen die Gefahrenlage für Radfahrer missachtet, widerlegt die Polizeistatistik. Keine Häufung von Unfällen, keine besondere Gefahrenlage. Dass Radfahrer mit dem Einschwenken auf die Hauptfahrbahn (auf der sie ohnehin fahren, nur neuerdings umrahmt von einem „Schutzstreifen“) haben sollen, erschließt sich mir nicht. Erstens ging das bisher bei Tempo 50 und ohne Schutzstreifen auch ohne Unfälle, zweitens sollte man annehmen, dass auch Radfahrer vor- und rücksichtig fahren und drittens, da sie zweitens z. T. oft nicht beherzigen, gibt es genug Radfahrer, die nicht mal ein Problem damit haben vom Gehweg in den fließenden Verkehr zu hopsen – ohne auf hinter ihnen fahrende Autos zu achten. Viertens beweisen viele Radrennfahrer, dass sie kein Problem mit der gemeinsamen Nutzung der Straße mit Autofahrern haben, fahren viele von ihnen ja trotz gut ausgebautem Radweg lieber auf der Straße, selbst bei Tempo 50 (wie von mir just am 10.06.2015 in Wiblingen beobachtet, wo ein Radfahrer von Ulm-Mitte kommend lieber auf der Straße fuhr, als auf dem breiten Geh- und Radweg – im 50er Bereich). Viele Radler haben damit sogar Überland bei Tempo 100 der KFZ kein Problem. Wer als Radfahrer nicht kooperativ sich die wirklich ausreichend breite Straße mit dem Autofahrer teilen kann, sollte vielleicht mal darüber nachdenken, ob es auch an ihm selbst liegen könnte.

Schließlich und endlich dürfen (aus meiner Sicht dreiste) Forderungen nicht fehlen, so schreibt die SWP weiter:

Sollte wieder Tempo 50 eingeführt werden, so müsste zumindest ein durchgehender Schutzstreifen angelegt werden. Außerdem müssten zwingend alle Parkplätze am Straßenrand beseitigt werden.

Der eigentlich auch erst vor Kurzem eingerichtete  Schutzstreifen ist in der Tat fragwürdig ausgeführt. Trotzdem gab es auch bisher kein Problem ohne Schutzstreifen, da sollte man meinen, dass die Radfahrer nun schon mal einen Gewinn im Vergleich zu früher haben. Nachdem man nun den kleinen Finger hat, will man wohl die ganze Hand? Wo sollen denn die Anwohner und deren Besucher in Zukunft parken? Wo sollen die Kunden von Bäckerei, Versicherungsbüro, Nähstube, Sonnenstudio und Gastronomie zukünftig parken?

Ein Vergleich

Nun sehen wir uns mal an, was die Tempo-50-Gegner für Wiblingen fordern und vergleichen mit anderen Stellen in Ulm. Für Wiblingen wird Tempo 30 ganztags gefordert, bei üblichem Ortseingangsverkehr.

In der Karlstraße gibt es Tempo 30 nur nachts von 22 bis 6 Uhr. In der Olgastraße gibt es auch kein ganztägiges Tempo 30. In der Zinglerstraße auch nicht. Selbst die Anwohner der B10 bekommen gerade mal eine Lärmschutzwand (nach Jahren). Jede dieser Straßen hat ein weit über die in Wiblingen hinausgehende Verkehrsbelastung. Trotzdem will man in Wiblingen mehr?

Fazit

Kein Tempo-50-Gegner konnte mir bis heute belastbare Zahlen, Daten und Fakten präsentieren, die eine Geschwindigkeitsbeschränkung nach §45 StVO rechtfertigten. Ich las und hörte nur Meinungen, subjektive Empfindungen und unbewiesene Behauptungen.

Nun sind es aber die Tempo-50-Gegner, die von etwas Bewährtem (Tempo 50) abrücken und etwas anderes (Tempo 30) haben wollen. Damit liegt die Beweislast bei ihnen, nachzuweisen, dass die Maßnahme effektiv genug und rechtmäßig ist, um die Rechte der Kraftfahrer beschneiden zu können. Die Rechtslage (das ist das Gesetz und die Verordnungen, die in diesem unseren Lande gelten, auch für Wiblingen), lässt Tempo 30 nicht durchgehend zu. Fakt. Trotzdem wollen sich einige Bürger und „die Stadt Ulm“, vertreten durch deren Akteure in diesem Fall, und mancher Lokalpolitiker anscheinend über geltendes Recht (u.a. mit fragwürdigen Petitionen) hinwegsetzen und wundern sich, wenn es Widerstand gibt.

  • Die Tempo-50-Gegner haben laut SWP kein Lärmgutachten, das belegt, dass Tempo 30 gerechtfertigt wäre, im Gegenteil, es gibt eines, das belegt, dass Tempo 50 dort korrekt ist.
  • Die Tempo-50-Gegner haben laut SWP und RP Tübingen keinen Nachweis, der belegt, dass es dort gefährlich wäre – egal für wen. Im Gegenteil: Die Tempo-50-Befürworter haben die Unfallstatistik der Polizei als Nachweis, dass dort keine Gefahrenlage existiert.
  • Die Tempo-50-Gegner behaupten nur, der Verkehr habe zugenommen. Einen Nachweis haben Sie nicht öffentlich erbracht.
  • Selbst wenn der Verkehr tatsächlich maßgeblich zugenommen hätte, dann ist er immer noch unter der Schwelle, wo Tempo 30 aus Lärmschutzgründen gerechtfertigt wäre.
  • Die Tempo-50-Gegner sind wohl im Vergleich zu den Tempo-50-Befürwortern eine verschwindend kleine Gruppe.

Unter diesen Umständen kann man doch nicht ernsthaft Tempo 30 fordern. Wir haben daher eine Gegenpetition beim Landtag Baden-Würrtemberg eingebracht, bei der Sie sich mit ein paar Mausklicks ganz einfach beteiligen können. Lesen Sie dazu unsere Seite der Gegenpetition, dort wird alles in einfachen Schritten erläutert – es dauert nur 5 Minuten!

Quellen:

[1]  Düring, Ingo; Lohmeyer, Achim; Pöschke, Franziska: Einfluss von verkehrsberuhigenden Maßnahmen auf die PM10-Belastung an Straßen, Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Verkehrstechnik, Heft V 189, Bergisch Gladbach, Januar 2010

[2]  Retzko, Hans-Georg; Korda, Christian: Auswirkungen unterschiedlicher zulässiger Höchstgeschwindigkeiten auf städtischen Verkehrsstraßen, Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Verkehrstechnik, Heft V 65, Bergisch Gladbach, April 1999

[3]  ADAC zur Sache: Keine Vorteile für die Umwelt durch Tempo 30, ADAC e.V., Ressort Verkehr, Oktober 2009

[4]  Michael Niedermeier: Position des ADAC zu Tempo 30, Präsentation des ADAC auf der Fachtagung Tempo 30, Berlin, 13. November 2012; Umweltbundesamt, Arbeitsring Lärm der DEGA e. V. und ADAC e.V.

[5]  Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg: Vermessung des Abgasemissionsverhaltens von zwei Pkw und einem Fahrzeug der Transporterklasse im realen Stra­ßen­­betrieb in Stuttgart mittels PEMS-Technologie, Abschlussbericht, Mai 2011

[6]  Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg: Tempolimits von 30 oder 40 km/h verbessern nicht zwangsläufig die Luftqualität.